Hotellerie, Gastronomie

  • Der OGH ist den von der Wirtschaftskammer Österreich vorgebrachten Argumenten, dass es sich bei den Mitgliedsbetrieben der Branche „Hotellerie & Gastronomie“ überwiegend um Saisonbetriebe handelt, nicht gefolgt. Dies hat zur Konsequenz, dass Arbeitgeber in der Branche zumindest vorerst beim Ausspruch von Kündigungen gegenüber Arbeitern die seit Herbst 2021 geltenden, längeren Kündigungsbestimmungen beachten sollten. Befristet abgeschlossene Dienstverhältnisse können in der Praxis eine Alternative bieten, um die individuellen Personalbedürfnisse im Betrieb (gerade im Fall der Saisonarbeit) zu berücksichtigen.
    Seit dem 1. Oktober 2021 gelten branchenübergreifend die neuen gesetzlichen Kündigungsregelungen für Arbeiter, die zu einer Angleichung mit den Kündigungsregelungen der Angestellten geführt haben und nun vor allem längere Kündigungsfristen vorsehen. Nur in Ausnahmefällen dürfen für Arbeiter kürzere Kündigungsfristen festgelegt werden, nämlich dann, wenn die betroffenen Personen in einer Branche beschäftigt sind, in denen Saisonbetriebe überwiegen. Welche Branchen dies betrifft, ist umstritten. Zur Diskussion steht dabei vor allem die Branche der Hotellerie & Gastronomie, deren Betriebe oftmals saisonalen Auslastungsschwankungen unterliegen.
    Der Fachverband Hotellerie sowie der Fachverband Gastronomie der Wirtschaftskammer Österreich haben deshalb beim Obersten Gerichtshof (OGH) die Feststellung beantragt, dass die gemäß Kollektivvertrag geltende kurze Kündigungsfrist für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe über den 30. September 2021 hinaus weiterhin gilt, weil bei der Branche der Hotellerie & Gastronomie ein Überwiegen an Saisonbetrieben jedenfalls gegeben sei. Der OGH jedoch sieht – so der nun gefasste Beschluss des Gerichts (OGH 24.03.2022, 9 Ob A 116/21f) – vorerst keine Anwendbarkeit der kollektivvertraglichen Kündigungsregeln gegeben, weil das von den Fachgruppen vorgelegte Datenmaterial für den Nachweis des Überwiegens von Saisonbetrieben als nicht ausreichend beurteilt wurde. Ob der OGH mit einem präzisierten Datenmaterial zu einem anderen Entschluss kommen könnte, bleibt allerdings offen. Es bleibt daher abzuwarten, ob weitere Verfahren mit einem, den OGH überzeugenden Datenmaterial beantragt werden. Praxistipp: Für den beruflichen Alltag bedeutet das, dass vor allem Unternehmer der Branche Hotellerie & Gastronomie, insbesondere bei betriebsindividuellen saisonalen Auslastungsschwankungen, individuelle arbeitsvertragliche Lösungen überlegen sollten. So könnte von der Möglichkeit des Abschlusses befristeter Dienstverträge mit Arbeitern über die Saison hinweg Gebrauch gemacht werden, die dann zu einem im Voraus bestimmten Zeitpunkt enden. Im Bedarfsfall – etwa bei einer wetterbedingten Ausdehnung der Saison – kann die Befristung verlängert werden. Achtung: Der anwendbare Kollektivvertrag verlangt für die Ausgestaltung eines befristeten Dienstverhältnisses ausdrücklich, dass der Tag des Beginns und der Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses kalendermäßig festgelegt werden! Nicht vereinbart werden kann daher beispielsweise, dass das Dienstverhältnis mit dem „Schluss der Saison“ oder zum „Ende der Saison“ endet. Geschieht dies trotzdem, liegt eine unzulässige Befristungsvereinbarung und damit ein unbefristetes Dienstverhältnis vor. Beachtet werden sollte weiters, dass befristete Dienstverhältnisse (da sie mit Zeitablauf enden) grundsätzlich nicht gekündigt werden können, doch kann eine Kündigungsmöglichkeit bei längeren Befristungen explizit vereinbart werden. Unbefristet abgeschlossene Dienstverhältnisse mit Arbeitern in der Gastronomie und Hotellerie sollten jedenfalls unter Beachtung der nach wie vor bestehenden ungewissen Rechtslage gemäß den neuen gesetzlichen (verlängerten) Kündigungsbestimmungen gekündigt werden. Anderenfalls besteht ein großes Risiko, dass gekündigte Mitarbeiter mit Erfolg einen Anspruch auf Kündigungsentschädigung geltend machen.

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